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150 Jahre Sozialdemokratie - in sechs individuellen Epochenportraits
Sechs Mitglieder des SPD-Ortsvereins Oberkochen standen im Bürgersaal des Rathauses auf der Bühne, um die 150jährige
Geschichte der Sozialdemokratie in Wort, Bild, Zitaten und Tondokumenten darzustellen.

Der berechtigte Stolz über das in 150 Jahren für die Menschen Erreichte blieb nicht verborgen und wurde verstärkt durch
die Begrüßungsworte des Ortsvereinsvorsitzenden Richard Burger.
Bürgermeister Traub stellte in seinem
Grußwort fest, dass es schon
erstaunlich ist, was aus den Anfängen um Ferdinand Lassalle geworden ist.
Trotz schwerer Zeiten, mit Diktaturen, Verboten und Verfolgungen sind die Ziele und Grundwerte der Sozialdemokratie
immer aktuell geblieben.
Herbert Soutschek, der Vorsitzende des Orga-Ausschusses der Oberkochener Vereine würdigte in seinem Grußwort die
Verbundenheit des SPD-Ortvereins mit dem gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt.
Claudia Sünder, SPD-Bundestagskandidatin für den Wahlkreis Aalen-Heidenheim, eröffnete die Showbühne mit den
Worten: „ Menschen waren vor 150 Jahren mit der Idee von einer besseren und gerechteren Welt angetreten.“ Wenngleich 150
Jahre als Methusalem-Alter betrachtet werden könne, feiere die SPD gerade mal "Kindergeburtstag". Denn die Themen und
Grundsätze seien bis heute aktuell geblieben - und werden es auch bleiben.
Dann führten die sechs Protagonisten die Geschichte der Sozialdemokratie in sechs persönlichen Epochenportraits mit
Kopf, Herz und Hand und hohem Spannungsbogen vor - begleitet von einer aussagekräftigen Bilder-Präsentation.
Doris Meisel beleuchtete die soziale Situation der Arbeiterschaft, als Ferdinand Lassalle vor 150 Jahren den
Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein ADAV gründete: Die heute unvorstellbaren hygienischen Zustände, die fehlende Absicherung, die
unglaublichen Bedingungen, unter denen die Fabrikarbeiter schuften mussten. Entsprechend groß war die Zustimmung zu den
sozialdemokratischen Grundsätzen.
Schon vor 150 Jahren hatte Lassalle auch erkannt: Nur durch Bildung ist ein gesellschaftlicher Aufstieg möglich.
Für den folgenden Zeitraum von 1890 bis 1919 legte Angelika Möricke den Fokus auf die Entwicklung der Stellung der
Frauen in der Gesellschaft. Sie stellte fest: Frauen waren unmündig, aber präsent und politisch interessiert.
Nach der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts 1918 - was auch Frauenwahlrecht bedeutete - gingen 82% der
wahlberechtigten Frauen zur Abstimmung!
Dazu las sie Auszüge aus der selbstbewussten Rede von Marie Juchacz, SPD-Abgeordnete und erste Frau, die vor
einem deutschen Parlament eine Rede halten durfte.
Philipp Hirth legte die Entwicklung, die 1918 zur Gründung der 1. deutschen Republik führte, offen.
Im Chaos der Novemberrevolution, als der Kaiser abdedankt hatte, nahm der SPD-Politiker Philipp Scheidemann das
Heft in die Hand und proklamierte eine parlamentarisch-demokratische deutsche Republik. Scheidemanns Rede präsentierte er
als historisches Tondokument
Den 2. Schwerpunkt für diese Epoche legte Philipp Hirth auf Otto Wels. Beeindruckend war das Tondokument von Wels' Rede, in
der er das von Hitler vorgelegte Ermächtigungsgesetz für die SPD-Fraktion ablehnte. Als einzige Parlamentarier
votierten alle 94 SPD-Abgeordneten mit "NEIN".

In der "Stunde Null" nach dem Zusammenbruch der Hitler-Diktatur war Kurt Schumacher eine prägende Persönlichkeit für
die wieder gegründete
SPD.
Die Stationen seines Lebens von seiner schweren Verletzung im 1.Weltkrieg, die eine
Armaputation nötig machte, über die vielfachen Gefängnis- und KZ-Inhaftierungen während des 3.Reichs bis zum
SPD-Vorsitz von 1946 bis zu seinem Tod 1952 ließ Sebastian Rickmann vorüberziehen.
Große Veränderungen zeigte Dorothee Irion-Ulmer für die Zeit von 1960 bis 1983 auf: Mauerbau, Regierungsverantwortung,
außerparlamentarische Opposition, Studentenunruhen, Willy Brandts Ostpolitik und Nato-Doppelbeschluss waren die wichtigsten
Punkte.
Erwähnt wurden natürlich auch Willy Brandts unvergessener Kniefall vor dem Mahnmal in Warschau und die Verleihung des
Friedensnobelpreises an ihn für seine Bemühungen um Ausgleich und Völkerverständigung.

Den letzten Zeitraum von 1983 bis 2013 stellte Götz Hopfensitz vor. Neben der Neugründung einer sozialdemokratischen
Partei in der noch existierenden DDR 1989 beindruckte ihn die Entwicklung in der
SPD von euphorischer Zustimmung zur
friedlichen Nutzung von Kernenergie 1956 über die Forderung nach einem Ausstieg 1986 bis zu dessen Umsetzung in einer
rot-grünen Koalition im Jahre 2000.
Ein letztes Highlight war Götz' Erinnerung an Schröders "Nein" zur Beteiligung deutscher Soldaten am Irakkrieg, den
US-Präsident Bush jun. aus rein wirtschaftlichen Interessen führte.
Kreativ und interessant moderierte die SPD-Bundestagskandidatin Claudia Sünder den Abend. Flott, nachdenklich,
witzig oder beeindruckt leitete sie zwischen den einzelnen Vortragenden über.

Am Piano verkettete Reinhold Hirth gewohnt gekonnt die Epochenportraits mit frei interpretierten Arbeiterliedern als
musikalische „Zwischenstücke“.
Am Ende des Abends, der mit einem Sektempfang und Imbiss ausklang, konnten die anwesenden SPD-Mitglieder
(wieder) sicher sagen, warum - ungeachtet der Kritik an einzelnen Positionen - gerade dies "seine/ihre" Partei ist:
Zu allen Zeiten in der 150-jährigen Geschichte haben sich Genossinnen und Genossen mit Herz und Hand, mit Leib und Leben,
mit aller Energie und Überzeugung eingesetzt für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität.
Sie haben Großartiges erreicht! Und die Arbeit wird weitergehen, denn es gibt noch immer viel zu tun.
(am)